Selenskyj bringt wegen Ukraine-Krieg Hitler-Vergleich: Putin überschreite „eine Grenze nach der anderen“ (2024)

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Von: Tadhg Nagel

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Wolodymyr Selenskyj spricht vor dem französischen Parlament – und vergleicht Putin mit Hitler. Das mag berechtigt sein, doch Vorsicht ist angebracht.

Paris – Im Rahmen des Gedenkens zum D-Day, der sich am 06. Juli vor 80 Jahren ereignete, war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Frankreich gereist. Bei einer Rede im französischen Parlament beschwor er am Freitag (07. Juni) die Einigkeit Europas – und verglich den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler.

Russland dürfe den Ukraine-Krieg nicht gewinnen, so Selenskyj, denn die Ukraine habe „kein Recht zu verlieren“. Der Konflikt dürfe allerdings auch nicht „entlang der aktuellen Linien enden“. Schließlich gebe es „keine Grenzen für das Böse, weder vor 80 Jahren noch heute“. Lasse man sich auf solche Vorschläge im Ukraine-Krieg ein, so der ukrainische Präsident, verschaffe man sich höchstens eine kurze Atempause, bis Russland wieder angreifen werde.

„Als das Böse in den 1930er Jahren seine Aggressionen“ entfaltete: Selenskyj vergleicht Putin mit Hitler

Die gegenwärtige Situation in Europa mit dem Ukraine-Krieg sei ähnlich „wie damals, als das Böse in den 1930er Jahren seine Aggressionen gegen seine Nachbarn entfaltete“, so Selenskyj weiter. Putin überschreite, genau wie Hitler, „eine Grenze nach der anderen“. Daher sei jetzt der Zeitpunkt, um zu beweisen, dass Europa „stärker als das Böse“ sei. Dies könne man heute „wie vor 80 Jahren“ zeigen, in dem „die Macht der Einheit, die Macht der Allianz, die Macht der gemeinsamen Ideale“ unter Beweis stelle.

Selenskyj bringt wegen Ukraine-Krieg Hitler-Vergleich: Putin überschreite „eine Grenze nach der anderen“ (1)

Es war nicht das erste Mal, dass Selenskyj einen Vergleich zwischen dem russischen Staatschef und Adolf Hitler zog. Bereits im September des Vorjahres sagte er gegenüber dem US-Sender CBS, dass die russische Bevölkerung Putin „gewählt und wiedergewählt und einen zweiten Hitler herangezogen“ habe. Bei einer Feier zum Jahrestag des Weltkriegsendes im Mai dieses Jahres hatte er dann erneut ähnliche Worte gewählt. „Vor 80 Jahren kämpften Millionen von Ukrainern, um den Nazismus für immer zu besiegen“, so das Oberhaupt des besetzten Landes damals in einer Videobotschaft. Heute stelle sich die Ukraine „erneut gegen das Böse, das wiedergeboren wurde, wiedergekommen ist und uns erneut vernichten will“.

„Hitler-ähnliche Tricks“: Ist der Vergleich zwischen Putin und dem Nazi-Führer im Ukraine-Krieg berechtigt?

Mit seiner Einschätzung ist Selenskyj nicht allein. Auch in den US-Medien wird der Vergleich zwischen Hitler und Putin gerne bemüht. Einerseits berufe sich der russische Staatschef gerne auf die Niederlage Nazideutschlands gegen die Sowjetunion, um den Einmarsch in der Ukraine zu rechtfertigen. Andererseits begehe er einige der gleichen Fehler, die den deutschen Einmarsch in die UdSSR im Jahr 1941 zum Scheitern gebracht hätten – und verwende dabei „Hitler-ähnliche Tricks und Taktiken“, um seine Brutalität zu rechtfertigen. Das schrieb die Nachrichtenwebsite CNN bereits im April 2022.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine seien immer häufiger Vergleiche zwischen Putin und dem Nazi-Führer gezogen worden, so die US-Politikwebsite The Hill im März dieses Jahres. Ob dem tatsächlich so sei, müsse systematisch betrachtet werden. Nazideutschland sei „autoritär (und möglicherweise totalitär), patriarchalisch und illiberal“ gewesen. Außerdem sei es „von einem selbstgewählten charismatischen Führer angeführt“ worden, der einen Personenkult um sich aufgebaut habe. Die nationalsozialistische Ideologie habe „den Messianismus der deutschen Nation“ befördert. Sie habe behauptet, der arbeitenden Bevölkerung zu dienen, Einheit und Solidarität beschworen und bestimmte Menschen als Quelle allen Übels hingestellt.

Putins Regime weist „unangenehme Ähnlichkeiten“ auf – Hitler-Vergleich muss auch Unterschiede beleuchten

Putins Regime weise „unangenehme Ähnlichkeiten“ hierzu auf, so der Bericht weiter. Zwar bleibe das russische Regime bei Mobilisierung, Gewalt im Inneren und dem Netz aus Strafinstitutionen hinter Deutschland zurück. Auch die Verherrlichung des Krieges und rassistische Begründungen seien in Russland schwächer ausgeprägt. Trotzdem seien diese Merkmale zu erkennen. Solange man „keine perfekte Vergleichbarkeit“ verlange, sei die Antwort auf die Frage der Ähnlichkeit Hitlers und Putins daher „ein etwas zögerliches, aber letztlich eindeutiges Ja“. Russland sei derzeit „vielleicht nicht ganz so fanatisch nazistisch wie Nazi-Deutschland“, aber genug, um als naziähnlicher Staat bezeichnet zu werden.

Unter Historikern herrsche „Einigkeit darüber, dass eine Gleichsetzung von Putin und Hitler absolut unzulässig“ sei, so die Wissenschaftszeitschrift Forschung & Lehre. Hitler sei der Hauptverantwortliche beispiellose Menschheitsverbrechen der Shoah gewesen und habe den Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Ein Vergleich sei aber zulässig. Ein solcher beinhalte in der historischen Forschung auch immer Unterscheide herauszuarbeiten, wie es der Historiker Heinrich August Winkler in der Zeit ausdrückte. Es sei daher „legitim, gewisse Parallelen zu benennen“, so der Holocaust-Forscher Götz Aly im Interview gegenüber der dpa. Trotzdem müsse man weiter mit Putin sprechen, denn nur am Verhandlungstisch könne man zu einer Lösung kommen. (tpn)

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